Gast und Produktion:
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Industrie trifft Innovation: TRUMPF begegnet globalem Wettbewerbsdruck mit technologischer Exzellenz – von smarten Maschinen über Software und Services bis zur vollständigen Smart Factory.
Digital & vernetzt: Plattformen wie MyTRUMPF, servicebasierte Geschäftsmodelle und ein starkes Architektur-Framework ermöglichen neue Mehrwertdienste und datenbasierte Zusammenarbeit.
Umdenken als Methode: „Pay-per-Part“ und Manufacturing-X zeigen: Der Wandel gelingt durch Neugier, Kollaboration und die Bereitschaft, Geschäftsmodelle radikal neu zu denken.
[00:00:00.120] – Sarah
Herzlich willkommen zur neuen Folge des Digital Impact Podcasts. Ich bin Sarah Stock, Marketingstrategin bei den netzstrategen und ich produziere diese Folge. André Hellmann, Gründer und Geschäftsführer der netzstrategen, hat für diese Folge einmal Tom Schneider interviewt. Tom ist CTO und Head of Research & Development bei TRUMPF und die beiden sprechen über spannende Chancen, aber auch Herausforderungen, denen das produzierende Gewerbe aktuell begegnet. Es geht beispielsweise, um KI oder Produktentwicklung. Wir haben diese Folge im Sommer 2024 aufgenommen und wir starten direkt mit Tom, der sich einmal vorstellt.
[00:00:39.280] – Tom
Ja, erst mal herzlichen Dank, dass ich hier sein darf. Tom Schneider ist mein Name. Ich bin CTO der TRUMPF Werkzeugmaschinen, die im wunderbaren Ditzingen in der Nähe von Stuttgart weltweit führender Technologieanbieter sind für Werkzeugmaschinen, die Bleche bearbeiten, und zwar schneiden, biegen, schweißen und dazugehörige Software und die Services.
[00:01:02.560] – André
Also viel Automobilkunden dann?
[00:01:04.520] – Tom
Ja, wir haben einen ganz speziellen Kundenstamm. Unsere Kunden sind – 80 % unserer Kunden sind Familienunternehmen, die Wertschöpfung in der Zulieferkette für ganz viele Industrien sind, also von der Möbelindustrie über die Automotive-Industrie, über Agriculture, also Traktoren, Baumaschinen, Fassadentechnik, also Blech – alles, was in Blech ist, machen unsere Kunden. Und die schneiden, biegen und schweißen Bauteile und die gehen dann in die großen Produkte, die in der Welt so hergestellt werden.
[00:01:39.910] – André
Hast du da einen ganz konkreten Anwendungsfall? Was zum Beispiel kennt man vielleicht?
[00:01:43.840] – Tom
Also ganz klassisch sind natürlich beispielsweise Produkte, weil wir hier in Karlsruhe in eurem Studio stehen und auf IKEA blicken, einfache Blechkonstruktionen, die dann Lampen werden bei IKEA oder Tische oder Regale. Fassadenelemente in vielen Bauhäusern, also neuer Stil ist ja große Industriebauten mit Metallfassaden-Teilen. Aber im Automobilbereich, viele Halter, viele Bauteile, die hinter Karosserien sind oder Sitzstrukturbauteile, also hochfeste Bauteile. Also ich glaube, die Anwendung von Blech ist vielfältig.
[00:02:25.900] – André
Okay, also so ein Kunde von uns wie Recaro könnte zum Beispiel auch ein Kunde von euch sein?
[00:02:30.420] – Tom
Der hat wahrscheinlich sogar Maschinen von uns. Definitiv haben Zulieferer von Recaro Maschinen von TRUMPF.
[00:02:38.120] – André
Die Ketten sind lang im Maschinenbau. Das ist richtig. Cool. Gut, aber du bist jetzt kein Blechschneider. Du machst ja wahrscheinlich bei TRUMPF was ganz anderes, oder?
[00:02:46.880] – Tom
Ja, also ich darf die Entwicklerinnen und Entwickler verantworten, die die Maschinen bauen, die die Bleche schneiden, die auch die Technologie entwickeln, dass ein perfekter Schnitt entsteht mit unseren Laser-Flachbett-Maschinen und Stanz-Kombi-Maschinen. Also wir können Blechen Form und Kontur geben, entweder mit dem Laser-Licht oder mit dem Stanzen. Und als CTO habe ich die tolle Aufgabe, die Entwicklerinnen und Entwickler im weltweiten Verbund hier zu führen, eben diese Maschinen zu entwickeln, die Software dazu zu entwickeln und auch die Servicekonzepte.
[00:03:24.940] – André
Okay, das heißt, ist es dann die Embedded-Software, die auf der Maschine läuft, oder sind das dann ganze Netzwerke oder alles davon?
[00:03:31.220] – Tom
Das Tolle bei TRUMPF ist, wir machen das Ende zu Ende. Wir haben sowohl die Embedded-Software in der Kerntechnologie, also beispielsweise die auf dem Schneidkopf, der den brillanten Laserstrahl aufs Blech bringt, sodass der perfekte Schnitt entsteht, genauso wie wir die Maschinensoftware selber entwickeln, aber auch die CAM-Software zum Betreiben der Maschine oder auch die Cloud-Produkte für das Servicesystem für unsere Endkunden. Wir haben einen One-Stop-Shop für Blechmaschinen weltweit.
[00:04:03.900] – André
Okay, und für so einen Entwickler klingt es eine riesen Spielwiese, so eine globale, riesendigitale Spielwiese.
[00:04:09.700] – Tom
Ja, die Faszination meiner täglichen Arbeit ist, dass ich über alle Gewerke hinweg Teams verantworten darf. Wir haben an über 18 Standorten weltweit eben Maschinenentwickler, die die Grundmaschine, mechatronische Systeme entwickeln, genauso wie CAM-Entwickler in Spanien, in Deutschland, aber auch in Indien, die zusammen die Software entwickeln. Und last but not least über den internationalen Service auch die Serviceprodukte, die unsere Maschinen bei unseren Kunden eben maximal im Betrieb halten. Das ist das Ziel und den Anspruch, den wir haben: always on and running.
[00:04:51.520] – André
Oh, wow. Okay, da habe ich jetzt viele Fragen. Da kann man ja mal viel reden. Ich würde mal anfangen mit euren aktuellen Themen. Jetzt habt ihr wahrscheinlich neben dem Tagesgeschäft, mit dem du vielleicht weniger zu tun hast, auch einfach aktuelle Projekte, Herausforderungen oder Chancen, die ihr seht. Kannst du so ein bisschen erzählen, woran ihr gerade arbeitet, wo ihr glaubt, was euch den nächsten Schritt erlaubt?
[00:10:11.400] – Tom
Ja, also ich glaube, als allererstes geht es uns wie allen Maschinenbauern in Europa, wir haben eine brutale Wettbewerbssituation aus dem Fernöstlichen, die uns mit unglaublicher Macht und strategischem Ziel, Marktanteile zu gewinnen und damit Preispunkten konfrontieren, die für uns in der täglichen Arbeit eine extreme Herausforderung darstellen, hier wettbewerbsfähig zu bleiben. Ich würde sagen, das ist unsere eine große Herausforderung. Hier mit Klugheit und dem Grundverständnis unserer Überzeugung hochwertige Produkte zu machen, gegen zu halten. Da braucht es Finesse, Durchhaltevermögen und aber auch Mut. Das ist so auf der einen Seite und das Backing. Und das haben wir glücklicherweise bei TRUMPF. Wir sind ein familiengeführtes Unternehmen, das die Familie an unsere Wettbewerbsfähigkeit glaubt. Und da sind wir im Moment stark am Ringen, weil die Märkte sich global schwertun, in der schwierigen Situation, Investitionsgüter zu investieren. Das heißt, wir müssen dort Begeisterung schaffen. Für viele unserer Kunden ist das Erwerben eines unserer Produkte eine große Investition und damit auch eine große Bürde. So ist es auf der einen Seite und ich glaube, das wird jeden Tag aktuell schwieriger, weil Unsicherheit im Markt ist, Menschen die Kaufentscheidungen eher verzögern. Und das bringt uns vor große Herausforderungen, die wir dann auch an der einen oder anderen Stelle in den Standorten im Moment umsetzen, indem wir etwas weniger arbeiten und dort eben miteinander in Solidarität versuchen, wettbewerbsfähig zu bleiben, indem wir Kosten reduzieren. Das ist die eine Herausforderung, die macht es nicht einfach. Auf der anderen Auf der einen Seite bildet natürlich die aktuelle Verfügbarkeit von Technologie Riesenchancen. Wir sehen, dass Dinge, die gestern noch unmöglich schienen, dank des Einsatzes von moderner Software basierend auf Generative AI uns Entwicklungssprünge ermöglichen, die früher Dekaden gebraucht haben. Das geht jetzt in kürzerer Zeit und dafür muss man neugierig bleiben, muss man Talente recrutieren, die man für den Maschinenbau begeistern muss, weil sie vielleicht gar nicht Maschinenbauer sind, sondern Softwareentwickler oder Kameraexperten. Das heißt, da sehen wir Chancen, unsere innovativen Produkte zu ergänzen durch neue Features, durch andere Herangehensweisen. Und der dritte Block, der uns beschäftigt und der, glaube ich, viele Maschinenbauer aktuell beschäftigt, ist: Wie können wir aus der starken Regulatorik, die wir in Europa haben, einmal mit dem Green Deal natürlich, aber auch mit dem AI Act und dem Cyber Resilience oder Cyber Security, Anstrengung der Europäischen Union, Wettbewerbsvorteile generieren? Das beschäftigt uns gerade in allen Dimensionen, weil wir natürlich über Dekaden erfolgreiche Produkte hatten, schon seit langer Zeit Software machen und jetzt neue Funktionalität brauchen, also Online-Update-Fähigkeit, die Fähigkeit, schnell zu reagieren. Ich versuche das immer an dem Beispiel zu machen: unsere erste Fähigkeit vor Attacken unsere Maschinen zu schützen, war vor langer, langer Zeit, dass wir das Betriebssystem nicht auf C, sondern auf einem anderen Festplattencontainer speichert haben. Also manchmal ist der Zufall eine Security-Maßnahme. Das reicht heute nicht mehr. Deswegen investieren wir sehr viel in Cyber Security, aber das ist so ein bisschen so der Spielball. Wir sind Maschinenbauer, wir entwickeln uns in eine digital vernetzte Welt, die natürlich riesen Chancen bietet. Wir hatten ja auch miteinander kurz darüber gesprochen, E-Commerce, was ist der E-Commerce-Anteil? Da haben wir große Anstrengungen gemacht. Wir sehen, dass sich das Verhalten unserer Endkunden ändert. Wir haben ein eigenes Portal, MyTRUMPF, in das wir viel investiert haben, wo wir jetzt neben dem Beziehen von Ersatzteilen auch versuchen, immer Mehrwertdienste anzubieten. Und das bietet große Chancen, weil wir sind weltweit einer der führenden Anbieter von Werkzeugmaschinen und dadurch haben wir eine große vertrauenswürdige und in uns vertrauende Kundenklientel, die darauf setzt, dass wir sie in die Zukunft transformieren, begleiten und dort immer wieder Angebote machen. Insofern neben den großen Herausforderungen, die ich am Anfang angesprochen habe, riesen Chancen. Und das zu balancieren, abzuwägen. Das ist gerade das Spannende.
[00:10:11.400] – André
Ich habe diese drei Blöcke mitgenommen. Ihr habt den Wettbewerb, ihr habt Innovation und die Regulatorik so als drei Kräfte, die auf euch irgendwie wirken. Aber alles im Endeffekt muss ja im Augenblick auf diese Wettbewerbsfähigkeit einbezahlen. Ich weiß gar nicht, schafft ihr es im Augenblick zu wachsen mit dem, was ihr tut, oder ist es eher so wirklich Maßnahmen, um Marktanteile zu erhalten und zu verteidigen?
[00:10:32.610] – Tom
Also ich glaube, wir sind im Moment am stärksten am Verteidigen. Wir sind über Dekaden gewachsen. Im Moment, würde ich sagen, ist das Halten der Position das, was uns beschreibt. Wir haben aber Felder mit einem unterschiedlichen Bild. Wir haben zum Beispiel vor einigen Jahren jetzt eine zweite Marke initiiert, die – wir haben ein chinesisches Unternehmen gekauft vor über zehn Jahren, das 100% TRUMPFtochter ist und wir haben mit denen gemeinsam eine Produktlinie gemacht, die wird es international treiben. Die hat hochstandardisierte, begeisternde Produkte, aber eher auf der Good-Enough-Seite. Und da sehen wir, dass wir beispielsweise wachsen, sehr erfolgreich wachsen. Dort haben wir das Vertriebskonzept geändert. Klassischerweise ist TRUMPF mit einem Eigenvertrieb unterwegs, eigenen Vertriebstochtergesellschaften weltweit. In dieser Strategie haben wir beispielsweise ein Distributorennetz genommen und sehen dort, dass wir wachsen können. Also dort ist auch Licht gleichzeitig, aber mit dem Schatten, dass es natürlich schwierig ist, die Kostenstrukturen eines europäischen Unternehmens dort abzubilden. Das ist eine Seite: Wettbewerbsfähigkeit, Marktanteile halten oder eben sich so dort zu positionieren, wo wir sicherstellen, dass wir die Marktrelevanz halten. Dann in unserem ganz klassischen Gebiet versuchen wir über Vernetzbarkeit unserer Standardprodukte, Erfolge zu erzielen, indem wir unseren Kunden – ich hatte das ja vorhin versucht, einfach zu beschreiben – Blech ist alles aus Schneiden, Biegen und Schweißen. Das heißt, es sind drei Fertigungsschritte, für die wir jeweils tolle Maschinen anbieten und tolle Software anbieten. Und wir sehen dort unsere Differenzierung, dass wir sagen, unsere Produkte sind besser zu vernetzen. Also wer uns kauft, kriegt eine gut vernetzte Fabrik. Das ist so der im mittleren Segment, sage ich, wo wir unsere Positionierung sehen. Unsere Produkte sind sehr langlebig, sie sind hochperformant. Unsere Kunden haben dadurch einen Wettbewerbsvorteil versus unsere chinesischen oder ostasiatischen oder fernöstlichen Marktbegleiter, sind etwas kurzzyklischer orientiert, machen auch Produkte, wo Ergebnisse runterkommen von den Maschinen, aber die, glaube ich, nicht unsere Güte haben. Also dort versuchen wir uns eben durch Vernetzbarkeit zu positionieren. Und das letzte wahrhaftige Wachstumsfeld aus unserer Perspektive ist, die komplette Fabrik anzubieten. Das nennen wir Smart Factory Solutions, also ins Lösungsgeschäft einzusteigen. Das heißt, am Schluss schlüsselfertig, also jetzt ohne die Gebäude und die Infrastruktur, aber in der Fertigungstechnik schlüsselfertig, eine Lösung für die Fragestellung unserer Kunden anzubieten. Und das können wir weltweit. Ich glaube, da sind wir extrem stark positioniert. Wir haben große Erfolge hier im Wachstum in den USA, die das Remanufacturing großschreiben, also die Fähigkeit, Fertigungstechnologie wieder in den USA anzusiedeln. Dort sind wir sehr erfolgreich, sehen aber auch, dass wir weltweit diese Projekte gewinnen können. Und da sehen wir sogar einen Ausbau. Das Geschäft ist natürlich im Vergleich zum Standardgeschäft noch kleiner. Wir machen in Summe, haben in guten Jahren drei Milliardenumsatz gemacht und sind im Moment stark getroffen. Das heißt, wir werden da wieder aufholen müssen, um auf alte Stärke zurückzukommen, sehen da aber Hebel. Und das dritte Element, wo wir von ausgehen, das sich ergänzend aufzubauen, ist es das digitale Ökosystem rund um unsere Maschinen. Und da gibt es, glaube ich, zwei Punkte, die es zu diskutieren gilt: Brauche ich das digitale Ökosystem und kann ich damit Geld verdienen? Glaube ich, eine Frage, die alle beschäftigt im Maschinen-und Anlagenbau.
[00:14:43.490] – André
Standardfrage, die Eingangsfrage, fast jedes Gespräch bei uns.
[00:14:46.340] – Tom
Genau, und ich würde zwei Antworten darauf geben. A: Ja, ich brauche das digitale Ökosystem. B: Kann ich damit Geld verdienen? Ich glaube, ich kann auf meinen Maschinen den Preispunkt halten. Werde ich zusätzliches Geld verdienen? Wir haben sehr viele Dinge probiert, neue Geschäftsmodelle von Pay-per-Part über Service-Sation und Service-Verträge. Es gibt überall Licht und Schatten, letztendlich dominiert, aber die Verkaufslogik der Maschine und die Erwartungshaltung, dass vieles digital dazu passt. Und deswegen sage ich, im Moment würde ich postulieren oder versuchen, es so zu positionieren, man braucht das digitale Ökosystem und bleibt dadurch im Markt.
[00:15:39.870] – André
Ist fast eine Commodity geworden. Man geht davon aus, dass so eine Maschine funktioniert wie ein Laptop. Das ist so das, was ich auf der Kundenseite oft erlebe, dass du da gar nicht mehr so aufTRUMPFen kannst, so mit: Hey, guck mal, was wir können, sondern es eher so: Klar, könnt ihr das, weil sonst wäre es ja ganz komisch.
[00:15:53.300] – Tom
Genau, ich glaube, die Endconsumer-Haltung in dem Industriegut ist eine sehr schnell wachsende Anspruchshaltung, die aber mit extrem hohen Kosten verbunden ist. Deswegen, glaube ich, was uns als Maschinenbauer alle beschäftigt und da hat uns jetzt auch der VDMA und auch die Regierung stark unterstützt mit einer großen Initiative, die Manufacturation X lautet, das ist ein vom Bundeswirtschaftsministerium geförderter Rahmen, der die Digitalisierung und das Ökosystem, das datenbasierte Ökosystem der Zukunft für Europa aufbauen soll für die Fertigungsindustrie. Und da werden viele Technologiebausteine jetzt entstehen. Und weil ja einige Mittelständler im Baden-Württembergischen diesen Podcast hören und darüber hinaus, ist die große Einladung: Wir müssen alle miteinander hier neue Wege gehen. Und ich versuche, das immer so zu beschreiben, die letzten 100 Jahre sind wir deswegen erfolgreich gewesen, weil wir nicht zusammengearbeitet haben. Jeder hat seine Spezialität gefunden. Jeder hat seine Differenzierungen zum anderen entdeckt und hat vielleicht auch nicht geteilt. Die nächsten 100 Jahre werden wir erfolgreich sein, wenn wir das Datenökosystem gemeinsam gestalten. Wir sind, egal wie groß wir sind und wir gehören wahrscheinlich zu den größeren im Maschinen-und Anlagenbau, sind wir zu klein, die Investitionskosten alleine stemmen zu können. Wir brauchen hier Forschungs-und Entwicklungskooperationen und deswegen bin ich da sehr dankbar, dass das in den letzten anderthalb Jahren hier vorangetrieben wurde und jetzt auch am Entstehen ist und wir das gemeinsam bauen können.
[00:17:47.740] – André
Siehst du da einen Player, der so eine Plattform irgendwo mal anbietet? Das ist quasi so ein Google. Oder wird es wirklich ein offener Standard werden, den alle miteinander schaffen und dann auch alle rein und raus arbeiten?
[00:17:59.440] – Tom
Ich glaube, wir sind im Maschinen-und Anlagenbau. Und wir hatten ja selber in Karlsruhe ein Digital-Start-up vor einigen Jahren, die sich daran noch erinnern können: Axoom. Das war unsere erste Idee, eine relevante Plattform für Maschinen-und Anlagenbau zu bauen und dann drauf zu spekulieren, ob the winner takes it all. Die Tatsache, dass es nicht mehr da ist, zeigt, dass es eine Fehlannahme war und ich glaube, deswegen nicht mehr. Ich glaube, dass die großen Infrastrukturen gesetzt sind. Sie kommen von Google, sie kommen von Microsoft und sie kommen von AWS. Das heißt, dort gibt es ein gesetztes Netz, auf das man aufbauen kann. Aber ich glaube, gerade durch unsere Idee, basierend auf Gaia-X und anderen Formaten, die eben den Austausch von Daten und Informationen zueinander orchestrieren, haben wir eigentlich die richtigen Antworten. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir unsere föderale Idee digital abbilden müssen und eben miteinander die Unternehmensgrenzen nach festen Regeln öffnen, sodass Mehrwerte für die Kunden entstehen und dadurch können wir alle gewinnen. Und ich glaube, das ist das, was das stärkste Signal ist, was wir aussenden, dass wir das miteinander neu erfinden, weil das ist dann der USP. Eine Formulierung, die ich gerne verwende, ist, das Differenzierende ist, dass es nicht differenzierend ist. Sondern dass wir miteinander dieses Ökosystem aufbauen und jeder darauf vertraut in einem Art Vertrauensraum. Deswegen sind wir auch dankbar, dass der VDMA dort eine sehr wichtige Rolle spielt, nämlich Verbände schaffen einen Vertrauensraum, wo man aufeinander acht gibt, aber auch sich gegenseitig achtet und dadurch kann das gut entstehen. Und ein Beispiel haben wir im Maschinenanlagenbau geschaffen. Da durfte ich mit der Gründung mit dabei sein. Das ist Umati. Das ist die Sprache, die die Maschinen vernetzt. Das ist vom Verband der Deutschen Werkzeugmaschinenbauer initiiert worden, ist jetzt weltweit ausgerollt, halten sich an den Standard fast alle Maschinenbauer und damit wird die Connectivity der Maschine orchestriert. Was ein ganz wichtiger Baustein ist, um überhaupt mal von der Maschine in die Cloud zu kommen. Und ich glaube, auf dieses Erfolgsmodell, auf diese Kooperative zu setzen, das wird uns die Zukunft gestalten lassen. Aber es müssen alle mitmachen und wir müssen miteinander das Vertrauen ineinander entwickeln, dass wir das gemeinsam gestalten.
[00:20:33.760] – André
Das geht ja einher mit einer These, dass da eigentlich auch kein Geld zu verdienen ist. Von daher macht es immer Sinn, wenn man die Kosten teilt.
[00:20:39.420] – Tom
Ja, genau. Ich glaube, kein Geld zu verdienen – ich glaube, dass großes Geld zu verdienen ist, weil wir es haben, so wie du es gesagt hast. Wir verdienen das Geld, weil wir im Markt Relevanz haben, weil wir unsere Maschinen in der Welt exportieren können und damit sozusagen auch das Geld verdienen, das wir benötigen, um die digitale Infrastruktur gemeinsam aufzubauen. Aber es ist, glaube ich, etwas, was Hand in Hand geht und was eben nicht geht, ist der initiale Glaube: Ich kann eine Maschine verkaufen und ich kann das Digitale verkaufen und ich verdiene bei beiden.
[00:21:37.145] – André
Und top und top.
[00:21:37.428] – Tom
Und dann noch mal on top und dann wird es unattraktiv für den Endkunden. Sondern ich glaube, es gibt einen Preispunkt für einen Value Add, für ein Outcome, für ein Ergebnis einer Fertigungstechnologie und dem müssen sich die unterschiedlichen Gewerke unterordnen, also vom Service über den Grundverkauf und die Software. Und das ist die große Herausforderung.
[00:21:37.460] – André
Kann man in allen Branchen nachvollziehen, die Herausforderung. Du hast vorhin schon ganz kurz gestreift, das Thema E-Commerce. Hat das bei euch irgendwie ein zu Hause? Spielt das eine Rolle oder ist das auch eine Commodity?
[00:21:49.500] – Tom
Ja, also wir haben vor – es ist keine Commodity. Ich glaube, wir differenzieren uns durch unsere Plattform. Wir haben vor, ich glaube, knapp sechs Jahren begonnen – wir haben das auch veröffentlicht, gibt es auch ein Paper dazu – die Architecture Building Blocks der TRUMPF Gruppe zu formulieren und auch zu publizieren. Das ist der Bauplan, mit dem wir unsere betriebsführenden Systeme, also unser SAP, unser Produkt Lifecycle Management von PTC, unsere Bausteine auf der einen Seite, die unsere internen digitalen Prozesse abbilden und die digitalen Produkte unserer Kunden, die Programmiersysteme, die MES-Systeme, die wir haben, die wir anbieten, so zu vernetzen und wer das auf unserer Webseite findet, wird das Bild sehen. Das ist ein Doppel-C ineinander verschwungen. Und in der Mitte ist die Datenintegrations-Plattform, die wir über die letzten knapp sechs Jahre aufgebaut haben, auf die wir dann jetzt mit unserem Kundenportal MyTRUMPF aufsetzen und dadurch Mehrwertdienste machen können. Wir können das Asset Management anbieten, wir können den Status der Maschinen anbieten, quasi eine Art Performance Dashboards anbieten. Und all diese Bausteine haben wir in den letzten Jahren in sehr viel Kleinteiligkeit und Re-Engineering aufgebaut und wir glauben, dass wir jetzt zu einem guten Zeitpunkt sind. Wir haben auf der Plattform knapp 20. 000 Kunden, die nicht alle regelmäßig dort sind, aber doch immer wieder. Sie können dort Ersatzteile kaufen für unsere verschiedenen Gewerke, Verbrauchsmaterialien, aber auch die Zukunftsprodukte einsehen. Und so glauben wir hier auch, einen neuen Kanal für unsere Kunden aufgebaut zu haben in der schnellen Kundeninteraktion. Ist das schon fertig? Nein. Ist das schon so, wie sich das manchmal bei Amazon anfühlt? Würde ich sagen, nein, ist es nicht, aber es ist auf einem guten Weg und das verknüpft eben das Bedürfnis unserer Endkunden über den Produktlebenszyklus, aber auch unseren Innovationszugang. Und beispielsweise haben wir jetzt in Vorbereitung auf einer der nächsten großen Leitmessen sehr viel Aktivität eben, das zu verknüpfen mit unserer Serviceinfrastruktur. Es gibt von TRUMPF eine Service-App, wo Kunden begleitet werden, wenn es zu einer Steuergröße kommt, dass sie quasi über diesen digitalen Kanal sehen: Wer kümmert sich drum? Wo ist der Fall? Gibt es einen Technical Guide? Also gibt es eine Hilfe, wie man die Maschine wieder in Betrieb bekommt. Und in unserer Zukunftsvision geht das sogar so weit, dass wir über dieses System auch remote operations am Schluss ermöglichen, also sozusagen den Kunden bei seinem Betrieb der Maschine begleiten.
[00:24:56.910] – André
Es schreit ja nach KI. Also das ist ja quasi alles, was du gesagt hast, gerade, war ja so, die KI sagt so: Ja, hier bin ich. Lass mich ran.
[00:25:04.080] – Tom
Ja, genau. Natürlich ist die KI möglicherweise ein Beschleunigungselement und die Frage, ob morgen es einen TRUMPF-Chatbot gibt, der mit dem Kunden in direkter Interaktion ist, ist mit Sicherheit in den kühnen Träumen unserer Produktmanager vorgekommen. Allerdings ist das etwas ernüchternde bei der digitalen Transformation von, ich sage, insbesondere erfolgreichen Unternehmen ist der große Rucksack, in der deswegen auch die Architekter Building Blocks in den Aufräumarbeiten und im kontinuierlichen Re-Engineering, dass wir investieren müssen, damit die Dinge, die im Consumer-Business so leicht und schick aussehen und auch gehen, eben in einem etablierten, erfolgreichen Unternehmen integriert werden können. Deswegen haben wir uns da ausgerichtet, da vielleicht noch mal zurückzukommen. Also alle Geschäftsbereiche miteinander vereinbaren, diese Architektur, dort gibt es ein Gremium, das das verabschiedet. Dort sind die CTOs der Geschäftsbereiche drinnen, der CIO der TRUMPFgruppe, und wir tagen regelmäßig und sagen: So wollen wir die Gesamtarchitektur der TRUMPFgruppe bauen. Und da gibt es natürlich Vorschläge von den Fachexperten, den unterschiedlichen Enterprise-Architekten, den Produkt-Architekten, die da sich einbringen. Aber final entscheidend wir es, eins unterm Vorstand, dass wir gemeinsam hier die Skalierbarkeit hinbekommen, weil das ist unser Ziel, skalierbare Lösungen für die TRUMPFgruppe zu bauen.
[00:26:36.520] – André
Wie kriegt ihr das an den Kunden ran? Das erlebe ich auch oft. Das ist es eher schwierig, dann eben diese Mehrwertdienste anzubieten. Und von euch kommt die Innovation irgendwo, von der Produktseite, Begeisterung und dann musst du irgendwie mit einem Kunden eine Vereinbarung treffen, wie das nachher auch bezahlt wird. Wie schafft ihr diesen Transmissionsrieben?
[00:26:54.600] – Tom
Ja, ich glaube, unser größter Beitrag dazu ist, daran festzuhalten und nicht zu früh aufzugeben. Und das können wir, weil unsere eigene Familie ein großes Vertrauen in die Arbeit hat, die wir tätigen und unsere Kunden klug distanziert sind, aber doch über die Zeit uns vertrauen und dann die Mehrwertdienste in Anspruch nehmen. Also zum Beispiel unseren größten Erfolg haben wir jetzt über die Service-App. Die ist in den Märkten sehr, sehr gut angenommen, weil sie einen offensichtlichen Mehrwert über Transparenz stiftet. Andere innovative, disruptive Geschäftsmodelle, die wir auch versucht haben, in denen ich auch stark involviert bin, wie beispielsweise Pay-per-Part, unser Geschäftsmodell, das den Outcome garantiert. Die haben nicht die Marktdurchdringung weil sie sehr komplex sind, sehr viel gegenseitiges Vertrauen brauchen und gleichzeitig eine Langfristigkeit, die sich erst verdienen muss. Wieso, was möchte ich damit sagen? Also bei Pay-per-Part garantieren wir den Teilepreis, der auf einer Maschine, die bei unseren Endkunden steht, im Equipment-as-a-Service-Ansatz, dass das Bauteil zu einem garantierten Preis produziert wird. Und das ist auf den ersten Blick für jemanden, der die Finanzrechnung macht, also unser Kunde verkauft sein Blechteil an einen dritten Kunden, also an seinen Endkunden. Der gibt ihm einen Teilepreis, wir geben ihm einen Teilepreis, der garantiert wird und die Differenz ist sein Gewinn. Also eigentlich ein sehr charmanter Ansatz. Wir garantieren, dass man es zu dem Preis produzieren kann, haben einen Remote Control auf die Maschine, die bei ihm im Betrieb steht. Aber man merkt schon an den Erklärungen des CTOs, es ist ein komplexer Vorgang und die Veränderung in einem Unternehmen, die es braucht, um so ein Geschäftsmodell im Unternehmen selber zu verankern, auf der einen Seite, braucht langen Atem und viel Resilienz. Und die Veränderung des Marktes aus ganz vielen Perspektiven braucht auch eine Veränderung. Beispielsweise sind heute Förderrichtlinien von Ländern nicht auf OpEx-Geschäftsmodell ausgelegt, sondern auf CapEx. Also ein Kunde wird gefördert, wenn er kauft, aber nicht, wenn er Pay-per-Part macht. Und von der Regulatorik angefangen und den Förderrichtlinien über – Unsere Kunden haben über Jahrzehnte Produkte gekauft, um sie zu besitzen.
[00:29:50.600] – André
Logisch. Der deutsche Mittelständler kann man sich gut vorstellen.
[00:29:53.100] – Tom
Genau. Es gibt ganz viele Fragen. Die wenigen bis sehr wenigen Kunden, die wir überzeugen konnten, die sind hochbegeistert und nutzen das. Aber es sind, wie man in der Presse entnehmen kann, vergleichsweise sehr wenige im Vergleich zu unserer großen installierten Basis.
[00:30:12.800] – André
Aber so jetzt mal: Wünsch dir was gedacht. Siehst du irgendwo einen Hebel, wo du sagst, da könnten wir ansetzen, das könnte uns nach vorne bringen oder das würde vielleicht den Wettbewerb jetzt im Augenblick mal wieder erledigen oder so? Gibt es irgendwas, wo du sagst, wenn das mal käme, so was wie, keine Ahnung, wäre es KI, sind es die Daten? Ist es der Do-Bot, nicht der Chatbot? Weißt du so? Keine Ahnung. Hast du so eine Idee für einen Game-Changer?
[00:30:35.100] – Tom
Ich persönlich war der festen Überzeugung, dass das Geschäftsmodell der Game-Changer ist. Das Pay-per-Part. Deswegen habe ich das auch am Schluss zusammengeschrieben und das Buch aber nicht Pay-per-Part genannt, weil ich das gar nicht mit in Verbindung – sondern umdenken as a Service. Und ich glaube, wenn es einen Game-Changer gibt, dann ist es die Bereitschaft aller im Ökosystem, um die Ecke zu denken und aufeinander zuzugehen und zu sagen: Was können wir denn machen, wenn wir alle miteinander die gleichen oder ähnliche Herausforderungen haben, nämlich hohen Kostendruck, weniger Fachkräfte, hohe Flexibilität? All das sind Treiber, die jeder Einzeln wahrscheinlich auch einzeln beantwortet und mit Gegenmaßnahmen belegt werden kann, aber wenn sie alle gleichzeitig zuschlagen, und das ist ja aktuell der Fall, wir haben eine schwierige Geldpolitik, wir haben zu wenig Fachkräfte, wir haben extreme Herausforderungen und dann gibt es neue Lösungsansätze. Und ich glaube, deswegen ist bei „wünsch dir was“ dass wir alle aufeinander neugierig werden, dass wir miteinander umdenken und sagen: Wie können wir uns denn eigentlich neu erfinden? Das wäre so meine Wunschfee. Und dazu gehört, weil du gefragt hast, dazu gehört Technologie, aufbereitete, saubere Daten, die wir miteinander teilen, ermöglichen Geschäftsmodelle. Hochpräzise, weil ich selber Maschinenbau studiert habe, ist mir das an dieser Stelle auch noch mal kurz wichtig: Es geht nichts daran vorbei, exzellente Maschinen zu bauen, zu konstruieren, sie kontinuierlich weiterzuentwickeln. Und das ist vielleicht so neben dem Umdenken zwischen Kunden, Anbietern und auch der Finanzwelt, glaube ich, ein gemeinsames Arbeiten. Wir müssen eine gemeinsame Sprache, die Servicetechniker mit Produktmanagern, mit Entwicklern, sowohl mechatronischer wie auch Software-Systeme und den entsprechenden Produktionern zusammenbringt und dann am Ende das Paket noch so macht, dass es jemand im Vertrieb einfach verkaufen kann. Das ist sozusagen die Quadratur des Kreises, die wir alle vor uns haben und die wird gelingen, wenn wir es gemeinsam anpacken, glaube ich.
[00:33:08.240] – André
Hat die Wunschfee jetzt was zu tun, auf jeden Fall. Aber ich glaube, dieser Vernetzungsgedanke, den du vorhin geschildert hast, der leuchtet mir sehr ein. Das könnte wirklich der Game-Changer sein, weil zumindest die, die sich vernetzen, auch einen Schutz vor anderen haben. Das wäre schon ganz interessant. Bin ich gespannt.
[00:33:22.280] – Tom
Genau. Und ich glaube, dass die Fertigungsindustrie ein riesen Vernetzungspotenzial hat, weil es gibt nirgendwo nur einen Fertigungsschritt. Ich sage immer, nach unserem Schneiden, Biegen und Schweißen kommt zusammenbauen und irgendwie integrieren oder härten oder Farbe, lackieren. Also es gibt so viele Dinge, die offensichtlich sind, dass sie vernetzt gehören, dass das eben eine Chance ist. Vielleicht noch ein Aspekt, den wir jetzt noch nicht beleuchtet haben, ganz kurz angestreift, ist, glaube ich, dass wir die Art und Weise, wie wir mit miteinander arbeiten, eben auch verändern müssen. Das heißt, wir müssen es wieder schaffen und das ist im Moment, glaube ich, die größte Herausforderung, neugierig zu bleiben. Das unterscheidet uns glaube ich, aktuell von denen, die uns angreifen, die Produkte auf den Markt bringen. Die gehen mit einem großen Hunger nach Erfolg, mit einem großen Hunger nach Fortschritt nach vorankommen und die Verfügbarkeit von den skalierbaren Produkten, den Plattformen der Technologie, des Digitalen erlaubt ist, dass eben auch hochkompetitive Produkte in Regionen der Erde entstehen, die wir gar nicht auf dem Schirm hatten. Und diese Neugierde, dieses Interesse an Exzellenz, die Tugend wieder Exzellenz exportfähig zu machen. Die müssen wir wiederfinden und wahrscheinlich kreuzen mit Work-Life-Balance und den anderen der aktuellen Herausforderungen, die gesellschaftlich auch im Raum stehen. Aber ich glaube, die können wir nur verhandeln, wenn wir uns alle miteinander wieder einig sind, dass der globale Wettbewerb am Schluss nicht darauf wartet, ob wir uns entscheiden, daran wieder neugierig mitzumachen, sondern die haben ihre Entscheidung getroffen. Die wollen an unsere Marktanteile und da müssen wir intelligent gegen antworten.
[00:35:43.130] – André
Das ist natürlich in der Realität. Da kann man sich einfach nicht verschließen. Das stimmt. Ich würde noch mal einen Perspektivenwechsel machen wollen, weil oft geht es ja dann auch darum, wie organisiere ich denn so was intern? Wir haben es über den Markt geredet, die Entwicklung, die Produkte. Und dann gehen jetzt unsere Hörer oder auch die Teilnehmer unserer Konkurrenz, gehen nach Hause, sind inspiriert und treffen wieder auf ihre Organisation und überlegen jetzt, wie soll ich das denn hier integrieren? Hast du da ein paar Tipps oder wie macht ihr es denn?
[00:36:11.340] – Tom
Wir haben vor über sechs Jahren entschieden, dass wir eine neue Organisationsform brauchen, nachdem wir ganz viel pilotiert haben. Und wir haben dann einen Big-Bang-Ansatz gewählt in eine agile Transformation, unseren exzellenten Führungskräften die Entscheidung zu geben in drei Grundrollen, in die sind wir eingestiegen. Entweder ist jemand für ein Produkt verantwortlich oder er ist für einen Prozess und die Menschen, die im Prozess arbeiten, verantwortlich oder er sucht als Architekt Synergien über die Technologien. Das war vor viereinhalb Jahren die Überzeugung: Wieso haben wir das gemacht? Am Schluss waren es drei Gründe. Das eine ist, wir haben einen internationalen Entwicklungsverbund mit über 18 Standorten und 1. 250 Mitarbeitenden und über 160 Führungskräfte. Und wir hatten eine Vielzahl von Piloten und eine Vielzahl von Herangehensweisen und die waren nicht synchronisiert. Und da muss man sagen, wenn wir weltweit zusammenarbeiten, wenn wir an einer Lösung miteinander interessiert sind, weil das ist unsere Strategie gewesen, Lösungsanbieterschaft, dann müssen wir gleich arbeiten in ähnlicher Struktur, in gleichen Rollenverständnissen. Das zweite, meine feste Überzeugung, ich bin jetzt seit über 20 Jahren in verschiedenen R&D-Bereichen tätig gewesen in Verantwortung und habe gesehen, dass die Komplexität der Führungsherausforderungen, die jede Führungskraft hat, das Modell, wie früher Führungskräfte erfolgreich waren, einfach in die Überforderung bringt. Also früher wurde im Entwicklungsbereich klassischerweise der beste Entwickler wurde der Entwicklungschef. Jetzt hatte ich die glückliche Fügung, dass ich, bevor ich bei Trump war, ich möglichst wenig mit Werkzeugmaschinen zu tun hatte, sondern ich war vorher in der Flugzeugindustrie tätig und habe dort Flugsteuerungsvernetzungssysteme gemacht. Das war der Grund, wieso man mich dann bei TRUMPF auch eingestellt hat, eben vernetzte Systeme zu machen. Und ich komme gar nicht in die Verlegenheit, der beste Entwickler für Werkzeugmaschinen zu sein. Insofern hatte ich da vielleicht einen leichten Wettbewerbsvorteil. Und diese Überforderung, sowohl ein exzellentes Produkt zu machen, das quasi vom Sensor bis zur Cloud funktioniert, also über alle Gewerke hinweg von der Mechatronik, über die Elektrotechnik, über die Embedded-Softwaretechnik, dann die Software, dann das CAM-System und dann auch noch Cloud-Technologie. Wer will das überblicken? Also ich glaube, diese gute alte Mär, es gibt den großen Entwicklungschef, der das alles versteht, die ist durch. Und deswegen brauchen wir da neue Formen. Und auf der anderen Seite haben wir exzellente Mitarbeitende an allen Standorten, die aber in ihrem Entwicklungsprozess eher von der klassischen Mechatronik über lange Zykluszeiten gefordert sind, wie Softwareentwickler. Wir brauchen schnelle Interaktionen, wir müssen andere Entwicklungsprozesse gestalten, wir brauchen integrierte Systeme, also von der Cloud wieder bis runter zum Sensor, aber inklusive der Mechatronik. Das heißt, ich muss anderen Entwicklungsprozess gestalten, ich muss die Menschen anders schulen, ich muss sie neugierig machen, sie müssen neue Methoden und Tools lernen. Das braucht auch eine volle Aufmerksamkeit, sodass wir gesagt haben, wir müssen die beiden Sachen trennen. Und dann gab es den dritten Baustein und das passt wieder zu den Architecture Building Blocks, die ich vor einigen Minuten besprochen habe, nämlich die Gesamtarchitektur der TRUMPFgruppe. Und so sind wir auf die Idee gekommen oder die Notwendigkeit, diese Entwicklungsrolle eines Architekten zu gestalten, der eben versucht, über verschiedene Technologien, verschiedene Maschinenarten Synergien zu heben, und zwar Synergien in der Software genauso wie Synergien in der Mechanik, indem man mechatronische Plattformen gemacht hat, aber auch Synergien in der Elektrotechnik. Und dieser Dreiklang und diese Veränderung des Rollenmodells in der Entwicklung ist für mich der Grundpfeiler, in der Zukunft schnell Produkte zu iterieren mit unseren Endkunden weltweit. Und das fordert uns tagtäglich, das fordert auch die Führungsverantwortung, die ich als Entwicklungsmitarbeiter und Entwicklungsführungskraft habe. Ich muss das abwägen, ich muss global arbeiten, ich muss die Dinge im Blick haben. Deswegen müssen die zwei Menschen sich auch trennen. Also der eine, der sich um die Mitarbeiter am Standort kümmert, den Entwicklungsprozess und der andere, der das globale Produkt im Auge hat. Und dadurch entsteht aus meiner Sicht zukunftsgerichtet, Exzellenz. Heute entsteht große Verunsicherung. Die Leute müssen sich wieder orientieren, die müssen sich neu finden. Wir haben das eben vor vier Jahren im Big Bang gemacht. Alle Führungskräfte mussten sich auf neue Stellen bewerben und wir sind seit vier Jahren intensiv dabei, diese Rollen neu zu trainieren und uns im täglichen damit auseinanderzusetzen. Und ist es vielleicht abschließend das Ermutigende? Ich glaube, die Fähigkeiten und die Exzellenzen, die wir in den eigenen Domänen, also in dem, was wir können, haben, auf die können sich jeder verlassen. Ich glaube, jeder im europäischen Maschinen-und Anlagenbau hat eine Exzellenz in sich, auf die er garantiert setzen kann. Und jetzt muss er mit Neugierde Kollaboration lernen, Zusammenarbeit, Integration von Partnern. Und wenn er sich darauf konzentrieren kann, weil er sich auf seine Expertise und Erfahrung vertrauen kann, dann ist es eine Riesenchance. Aber es ist jede Menge Arbeit und ist immer ein ganz, ganz wichtiger Baustein. Und das verändert morgen aber auch die Veränderung in einer Entwicklungsorganisation, verändert einen Vertrieb, verändert ein Produktmanagement und verändert final auch die Produktion. Und ich glaube, darauf muss man sich als Unternehmensführung einlassen. Und das haben wir getan. Wir haben dort sehr viel investiert in der Geschäftsführung, gemeinsam Vertriebsgeschäftsführung, Produktionsgeschäftsführung und unser CEO, das jetzt weltweit auszurollen.
[00:42:25.400] – André
Also klingt wirklich nach einem Haufen Arbeitsberg, also ein großer Arbeitsberg auf jeden Fall. Du hast trotzdem parallel ein Buch geschrieben irgendwie.
[00:42:33.100] – Tom
Ja, ich hatte das Glück, dass ich zwei tolle junge Mitarbeitende hatte, die das Buch mit mir geschrieben haben. Und dann haben wir das auch noch am Schluss schreiben lassen, weil wir nicht dazukamen. Auch das muss man akzeptieren, was man nicht kann.
[00:43:50.349] – André
Arbeitsteilung, altes Prinzip.
[00:43:50.520] – Tom
Arbeitsteilung, genau. Und so ist ein wunderbares Buch geschrieben. Wir dachten, und das war ein bisschen der Hintergrund dazu, wir durften an so vielen Stellen darüber berichten, dass wir dann gesagt haben: Okay, wie entwickelt man eigentlich das, was man erlebt hat, so, dass man es teilen kann. Und dann kamen wir auf das gute alte Produkt, nämlich das Buch, und haben das Buch entwickelt wie eine Produktentwicklung. Also es hat genau 135 Seiten, weil es ist statistisch erwiesen, dass man nicht gerne mehr liest. Es hat eine digitale Extension, weil wir Bilder drin haben, die eine Erweiterung brauchen. Und so haben wir ein kleines Produkt entwickelt, das man jetzt erwerben kann. Und in einem regulierten Markt gibt es eine Buchpreisbindung, die man dann auch noch lernt, dass man gar nicht immer erzielen kann, was man so glaubt, sondern dass man das mal festlegt und dann muss man gucken, was der Markt daraus macht. Insofern war es eine tolle Erfahrung. Es war ein tolles Projekt mit den zwei Kollegen, dem Benedikt Braig und dem Jörg Juncker, mit denen wir es zu dritt geschrieben haben. Es beschreibt einen Lebensabschnitt, knapp drei Jahre Produktentwicklung, nämlich Pay-per-Part. Wie gesagt, nicht als Titel, sondern, Umdenken as a Service, weil wir umdenken durften und das haben wir aufgeschrieben als Einladung an alle, mal nachzulesen. Und dann haben wir auf der letzten Seite gibt es ein Kochrezept, die Schritte, die man braucht, um umzudenken, aber man muss vorher 134 Seiten gelesen haben.
[00:44:24.090] – André
Du hast mir das Buch vor ein paar Wochen geschenkt. Ich habe es mit ins Büro gebracht und es wurde Tage später direkt mitgenommen von einer Kollegin, die sehr neugierig drauf war. Ich kann einfach nur einladen, sich das auch mal anzugucken. Wahrscheinlich ein hervorragendes Buch. Ich konnte es noch gar nicht genauer lesen, aber es sieht toll aus, es fühlt sich gut an und tatsächlich, man glaubt, man kann es bewältigen. Es ist kein Schinken.
[00:44:42.760] – Tom
Genau, es hat ganz viele Gewerke, Layout und so viel Handwerk in der Gestaltung eines Buches, die man so als Entwicklungsingenieur der sonst Hightech-Maschinen baut, in die Vergessenheit geraten ist. Und insofern fanden wir das auch einen ganz schönen Bogen.
[00:45:01.500] – André
Das sieht handwerklich super aus. Jetzt haben wir dich ja nach Karlsruhe eingeladen, da hast du auch studiert und wir sind nun mal ein Karlsruher Unternehmen und sind hier eng verwurzelt. Wie empfindest du Karlsruhe? Was macht es besonders hier? Du kommst gerade vom KIT auch, hast du gesagt.
[00:45:15.560] – Tom
Mich hat es wieder zurück an die Wurzeln der Alma Marta gezogen, weil wir hier als TRUMPF eine zehnjährige Kooperation mit dem KIT verabschiedet haben und hier integraler Bestandteil des Uni-Campus werden. Im Lern-und Anwendungszentrum Mechatronik dürfen wir Fertigungstechnologie den Studierenden der Zukunft zur Verfügung stellen mit anderen Partnerunternehmen. Der ist gerade im Bau. Ich konnte heute auch wieder den Baufortschritt sehen. Das ist ein ganz wunderbarer Platz, der hier entsteht und ich glaube, das hat uns begeistert, hier, sage ich mal, das Machbare, das KIT, das eng verknüpft ist mit der Stadt, das Ökosystem Karlsruhe und darüber hinaus natürlich das Ökosystem Baden-Württemberg. Wir sind überzeugte „The-Länd-Unterstützer“ und auch Gestalter. Wir sind ja auch gemeinsam im Cyberforum aktiv und haben hier eine enge regionale Bindung auch zu Stuttgart und auch zu den anderen Regionen, aber eben Karlsruhe, weil es auch alles beleuchtet, was wir an Technologie brauchen, also von exzellenter Produktionstechnik, Konstruktion, Elektrotechnik, Software, Start-ups und eine Vision, die die Region als Technologieregion auszeichnet und in der Welt verankert. Insofern komme ich gerne zurück. Jetzt habe ich noch die Chance bekommen, eine Vorlesung zu halten, um damit uns ein bisschen mit den Studierenden uns auszutauschen und es ist ganz wunderbar, ich darf das jetzt im dritten Jahr machen, wie die Neugierde, der Wunsch zur Veränderung bei den jungen Menschen aufblüht, wenn man sich hier einbringt und gemeinsam einen Dialog gestaltet. Und das lässt mich dann immer wieder kommen, weil am Schluss ist es das, was die Verantwortung ist. Wir können nur neues schaffen, indem die heute Verantwortung haben, bereit sind, das mit der nächsten Generation zu teilen. Und da sehe ich ein bisschen meine Aufgabe drin.
[00:47:13.030] – André
Ja, Karlsruhe ist auch so ein One-Stop-Shop wie TRUMPF. Sehr schön. Vielen lieben Dank für das Gespräch. Hat großen Spaß gemacht.
[00:47:37.000] – Tom
Ja, ganz herzlichen Dank für die Einladung und hoffe, dass jeder was mitnehmen konnte.
[00:47:45.440] – André
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